Wenn man sagt, man würde mit AI entwickeln, denken viele sofort, dass man einfach Vibe-Coding betreibt. Dass man ein paar Prompts eingibt, auf das Ergebnis schaut und hofft, dass dabei etwas Sinnvolles herauskommt. Das ist aber ein Trugschluss. AI-gestütztes Entwickeln erfordert genau wie klassische Softwareentwicklung Struktur, Planung und Präzision. Man kann sich nicht einfach zurücklehnen und darauf vertrauen, dass die AI schon die richtigen Entscheidungen treffen wird. Im Gegenteil: Man muss sich ständig rechtfertigen können, warum bestimmte Vorschläge der AI übernommen werden und andere nicht.
Ein entscheidender Unterschied liegt dabei in der Vorbereitung. Bevor die AI überhaupt an den Code geht, steht die Erstellung einer fundierten requirements.md. Diese Datei enthält alle Vorgaben, die Akzeptanzkriterien, die Use-Cases und konkrete Beispiele. Die Erstellung dieser Dokumentation dauert leicht zwei Stunden oder mehr, weil jedes Detail klar definiert sein muss. Erst wenn die AI genau weiß, welche Aufgabe sie erfüllen soll, welche Bibliotheken genutzt werden dürfen und welche Funktionen zum Einsatz kommen sollen, kann sie effizient arbeiten. Ziel ist nicht, dass die AI kreativ wird, sondern dass sie genau das umsetzt, was man selbst tun würde – nur schneller und mit Unterstützung von Tests und Dokumentation.
Ein großer Vorteil der AI liegt in ihrer Geschwindigkeit. Während man selbst Stunden damit verbringen könnte, Boilerplate-Code, Dokumentation und Unit-Tests zu schreiben, generiert die AI diese Elemente in einem Bruchteil der Zeit. Doch auch hier gilt: Die AI denkt sich die Tests nicht selbst aus. Jede Überprüfung, jedes erwartete Ergebnis ist genau vorgegeben. Dadurch bleibt die Kontrolle beim Entwickler, und die Qualität des Codes wird nicht dem Zufall überlassen.
Vibe-Coding funktioniert anders. Hier konzentriert man sich auf die Ausarbeitung des Ergebnisses, auf das visuelle oder funktionale Endprodukt, ohne von Anfang an alles festzulegen. Das macht bei Prototypen Sinn, weil der Weg zum Ziel explorativ ist. In AI-gestützter Entwicklung hingegen geht es nicht nur um das Ziel, sondern um den gesamten Weg dahin. Jede Entscheidung, jede Vorgabe wird klar definiert und überprüft. Es geht um strukturierte, nachvollziehbare Softwareentwicklung, bei der die AI ein mächtiges Werkzeug ist, nicht ein magischer Generator von Lösungen.
Am Ende bedeutet Entwickeln mit AI also keineswegs, dass man nur „vibe-codet“. Es ist eine durchdachte, präzise und kontrollierte Arbeit, die Planung, klare Vorgaben und sorgfältige Umsetzung erfordert – nur eben deutlich schneller und effizienter, ohne dass man auf Qualität oder Kontrolle verzichten muss.