AI übernimmt die Jobs von Entwicklern

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Microsoft entlässt 9.000 Entwickler und ersetzt sie durch AI. Das ist mal eine Aussage – und zeigt, wie schwer es für Entwickler geworden ist. Die AI kommt und nimmt ihnen die Jobs weg. Klingt ein wenig zu einfach, um wahr zu sein ... ist es natürlich auch.

Erstens ist es bei amerikanischen Firmen immer wieder erstaunlich, wie viele Angestellte sie beschäftigen. „Hire and Fire“ führt dazu, dass man lieber mal zu viele Entwickler einstellt als zu wenige – ein Fehler, den man schnell korrigieren kann. Da werden mal eben 20 Entwickler für ein Projekt eingestellt, bis der Kunde doch abspringt – und schon werden die Entwickler einfach wieder entlassen. Der feuchte Traum eines jeden deutschen Agentur-Chefs. Dass man viele einstellt und dann in gewissen Wellen die Low Performer entlässt, ist auch nicht neu. Auch hier ist AI nicht das eigentliche Problem, sondern nur ein verstärkender oder beschleunigender Faktor.

Wenn man sich die Kommentare zu solchen News durchliest, kommt schnell der Einwand, dass die Firmen bald merken werden, dass eine AI keinen komplexen Code erzeugen kann – und dann die entlassenen Entwickler teuer zurückholen müssen. Gefühlt stammen solche Aussagen oft von Menschen, die nicht mit AI arbeiten, und deshalb eine etwas verzerrte Vorstellung davon haben, wie man mit AI-Agents arbeitet.

Jeder meiner Versuche, eine vollständige Anwendung mit Junie oder gemini-cli erstellen zu lassen, war nicht wirklich erfolgreich. Sich jedoch eine Boilerplate-Anwendung generieren zu lassen, in der man dann Schritt für Schritt seine Anwendung implementiert, lief dagegen echt gut. Ich brauchte ein winziges CMS für ein paar Seiten, ein paar Webhooks und einen AI-Agenten, bei dem sich Benutzer anmelden können. Grave war schon zu groß, also hat mir gemini-cli auf Basis meiner requirements.md genau das gebaut – und es funktionierte super. Auch der Code war ziemlich gut. Ich selbst hätte dafür sicher 3–4 Stunden gebraucht und die meiste Zeit nur primitiven Code geschrieben oder mir etwas aus alten Projekten kopiert. So war alles in 30 Minuten durch, und ich konnte direkt mit der eigentlichen Anwendung beginnen.

Brauche ich noch Designer, die mir nach meinen Beschreibungen Skizzen und Storyboards erstellen, wenn die AI das kann – und ich nach zwei Minuten einen angepassten Prompt eingebe und so in einer Stunde bis zu 30 Iterationen habe, wo ich mit einem Menschen vielleicht zwei oder drei geschafft hätte?

Im Zusammenhang mit den Microsoft-Kündigungen las man, dass sich Level-Designer ein AI-Tool gebaut haben, um das Leveldesign zu beschleunigen – und dann durch genau dieses Tool ersetzt wurden. Genauer gesagt ging es um Candy Crush und ähnliche Spiele. Mein Gefühl sagt mir, dass die Schöpfungshöhe solcher Level recht gering ist und festen Mustern folgt. Perfekt also, um sich so etwas von AI erzeugen zu lassen. Es scheint also auch vorher eher Fleißarbeit als Denkarbeit gewesen zu sein.

Am Ende werden Menschen nicht durch AI ersetzt, sondern durch Menschen, die AI möglichst effizient einsetzen. Menschen, deren Arbeit immer darin bestand, Dinge nach festen Vorgaben abzuarbeiten und strukturierten Output zu liefern, sind leichter zu ersetzen. Programmierer gehören oft dazu – denn selbst in der Zeit vor AI war die eigentliche Programmierung selten die Herausforderung. Meist wusste man, was man tun wollte, hatte den Code schon im Kopf und saß dann zwei Stunden da, um alles niederzuschreiben und zu testen. Das nimmt einem jetzt die AI ab. Auch wenn ein AI-Agent manchmal selbst länger braucht und 30 Minuten benötigt, um alles anzulegen und zu befüllen, spart man dennoch viel Zeit. Ich hatte auch schon Meetings, bei denen mir die AI nebenbei etwas gebaut hat – und ich konnte nach dem Meeting sofort testen und meine kleinen Verbesserungen oder Funktionen einbauen.

2004 in der Berufsschule haben wir gelernt, dass Entwickeln und Programmieren zwei unterschiedliche Dinge sind. Entwickeln ist die eigentliche Leistung, Programmieren ist der stupide, zeitraubende Teil der Aufgabe. Heute ist das deutlicher denn je.

Gleichzeitig zu diesen Entlassungen wird in Deutschland diskutiert, ob man die Arbeitszeiten verlängern sollte – vielleicht sogar einen Feiertag opfern sollte. Gerade für alle, die von AI betroffen sind, klingt das vollkommen realitätsfern. Die Menschen werden ja nicht entlassen, weil sie nicht in der Lage wären, mit AI-Tools mehr in weniger Zeit zu schaffen, sondern weil jetzt alle mehr schaffen – aber nicht mehr Arbeit da ist. Arbeit ist der limitierende Faktor, der es erlaubt, Leute freizustellen.

In Kommentaren regt man sich darüber auf, dass Firmen Millionengewinne einfahren und trotzdem so viele Angestellte entlassen. Aber es bringt auch nichts, Leute rumsitzen zu lassen, die keinen Mehrwert erbringen. Rumsitzen und nichts zu tun haben macht keinen Spaß und verursacht auch viel Stress. Die wenigsten Leute würden sich hinsetzen und einfach ein neues Produkt entwickeln. Wenn das so wäre, würde man sie liebend gern behalten – weil sie durch ihre Anwesenheit Mehrwert schaffen. Kaffee trinken und im Internet surfen zählt aber nicht dazu.

Die große Herausforderung für die Zukunft wird sein, dass Menschen lernen, wenig bis nichts mehr zu tun zu haben – weil weniger Menschen dieselbe Menge an Arbeit erledigen können, aber nicht mehr Arbeit entsteht. Auch die Gesellschaft muss einen Weg finden, den Menschen aufzuzeigen, wie sie einen Mehrwert schaffen können. Das Problem ist dann die Bezahlung, weil das bisherige Konzept nicht mehr passt. Das, was heute Geld einbringt, wird von AI übernommen – und der Mensch arbeitet noch, um sich selbst und die Gesellschaft zu verbessern.
User annonyme 2025-07-18 20:16

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