Bewerben und Bewerber

Heute bin ich über diesen Artikel bei jaxenter.de gestolpert. Da ich ja auch vor paar Monaten auf Jobsuche war, habe ich einige der im Artikel beschriebenen Dinge auch gesehen und erlebt. Da kann ich dem Autor des Artikel auch sehr Recht geben mit seinen Kritik-Punkten.

Besonders ist mir bei einigen Stellenangeboten die extreme Anzahl an sehr konkreten Technologien und Frameworks, die man alle beherrschen soll. Wenn man im Java EE gearbeitet hat, weil man dass es viele redundante Technologien gibt. So wäre heute eine konkrete Anforderung Hibernate zu beherrschen meiner Meinung nach gar nicht nötig, da sowie so am Ende JPA verwendet wird. Oder auch 5 verschieden PHP-Frameworks. Am Ende wird man nie mit all diesen Dingen auf einmal konfrontiert werden. Wenn es auch ein eine relativ kleine Firma ist, kann man fast davon ausgehen, dass auch allgemein nur Grundwissen von Nöten ist, weil man einfach nicht alle paar Tage mit einem anderen Framework arbeitet.
Bei solchen Fällen habe ich dann auch erlebt, dass einige Firmen einen Profi in allen Bereichen wollen und andere auch ganz klar erkannt haben, dass man kein Profi sein muss und auch sagen, dass vieles in alten Projekten verwendet wurde und man nur für Content-Änderungen und kleine Bugfixes ran muss. Für so etwas reichen aber bessere Erfahrungen in der Programmiersprache und ein Grundverständnis des Frameworks.

Auch die Angabe von Jahren ist immer sehr schlecht. Ich habe sehr konkrete Erfahrungen mit einem Projekt das Jahre JBoss und Hibernate als JPA-Implementierung einsetzte, aber man am Ende mit einigen Schulungen und viel Eigeninitiative in wenigen Monaten mehr richtig machte und erkannte dass man die Jahre davor mehr falsch als richtig gemacht hatte. Ich kann auch Jahre mit einem Framework arbeiten und nur die grundlegenden Dinge davon verwenden und nie auf eine moderne Version updaten. Das sind dann Fähigkeiten wo jeder nach einem Monat ist, die man eben aber über Jahre konstant gehalten hat und nie vertieft hat. 2 Monate intensiver Beschäftigung kann also mehr Wert sein, als Jahr der oberflächlichen Nutzung. Und Nutzung und richtige korrekte Nutzung einer Technologie sind auch Unterschiede.

Als jemand der einen Mitarbeiter sucht würde ich, vielleicht kommt es ja mal soweit, eher mir Dinge angucken, die der Bewerber schon mal gemacht und welche Grundlegenden Erfahrungen und Wissen er mitbringt. Ob es die eine konkrete Technologie ist, ist oft sehr egal. Ich durfte mal mit die Bewerber begutachten, die ein Projekt weiter führen sollten, an dem ich längere Zeit in der Planung und Realisierung involviert war.. aka.. ich hate das Grundsystem entwickelt.

Antworten Bewerber #1:
* "Damit konnte ich schon mal Erfahrungen sammeln"
* "Das ist mir ein Begriff"
* "Damit hatte ich mich schon mal beschäftigt"
* "Ist mir bekannt"

Antworten Bewerber #2:
* "Wir haben mit XXX gearbeitet"
* "Die Probleme hatten wir auch"
* "Was tut die Lib genau? ... aha.. nein dafür hatten wir XXX"
* "Da müsste ich mich noch dann einarbeiten"

Wir Entwickler waren am Ende sehr für Bewerber #2. Die Grundlagen waren da und da war es egal ob die eine konkrete Technologie schon mal benutzt worden ist. Bewerber #1 schien von allem schon mal was gehört zu haben, und hatte Erfahrungen gesammelt.. aber er hatte wie sich dann heraus stellte nie ein komplettes größeres Projekt realisieren müssen und in der Uni mal ein Cluster aus 2 App-Servern mit einem primitiven Service aufzubauen, bringt oft weniger als jemand der noch nie ein Cluster gebaut hat, aber dafür schon etwas mehr mit einem App-Server gearbeitet hat.

Das ist auch ein Tipp an Berufseinsteiger aus Uni oder so. Einfach zu geben, dass man kaum reale Erfahrung hat und dafür mehr auf die Grundkonzepte setzen, die man beherrscht. Nicht so tun als könnte man sofort alles und extrem produktiv damit umgehen, sondern einfach, zeigen was man schon kann und dann etwas darauf setzen, dass man sich schnell weiterbilden kann.

Ende der Geschichte war natürlich, dass Bewerber #1 eingestellt wurde und er lernen musste, was jeder von uns gelernt hat: In Java programmieren zu können und mit J2EE-Umgebungen zu arbeiten ist noch mal eine ganz andere Stufe, die man nicht einfach durch das betrachten kurzer Beispiele lernt.
Und auch wenn wir Entwickler für Bewerber #2 waren, das was an Bewerber #1 uns am meisten störte war, dass er versuchte so zu tun, als würde alle dieser kleinen konkreten Technologien zu beherrschen. Das war unrealistisch und man wir haben es ihm auch schnell nicht mehr geglaubt, wenn er meinte dass er auch damit mal "Kontakt hatte".

Am Ende habe ich bei meinen Bewerbungen nicht mehr darauf geachtet, möglichst viele der Punkte zu erfüllen. Ich wollte PHP oder Java, am besten im Webbereich. Ich kenne Oracle und MySQL.. also reicht es wohl für jede SQL-fähige Datenbank. Wenn mehr als ein Framework aufgezählt wurde und ich eines davon besser kannte, reichte mir es auch. Am Ende stellte sich eben heraus, dass auch der Großteil an sich irrelevant war und bei der Pflege der Altsystem es wichtiger ist eine Exception lesen zu können als das gesamte Framework zu kennen. Es gibt am Ende ja immer noch Google!
User annonyme 2015-08-28 19:20

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Three + = 12

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